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Saurerareal Werk Zwei
Arbon
Selektiver Wettbewerb, 2013
HRS Real Estate AG / Gemeinde Arbon
ARGE Thomas Schregenberger GmbH / Zach + Zünd Architekten GmbH
Thomas Schregenberger, Gundula Zach, Andrzej Egli, Lenka Gmukova, Moritz Gisler, Nicolas Luna
60 Mio. CHF

Das Saurer Areal WerkZwei, ein bis heute für die Öffentlichkeit kaum zugängliches Industriegelände soll geöffnet, neu genutzt und Teil der Stadt Arbon werden. Nicht nur seine Funktion, auch seine Benutzer, die Gebäude und ihr Charakter werden sich dadurch verändern. Durch die Öffnung verschwindet das Saurer Areal aber nicht, seine Grenzen und Strukturen werden ablesbar bleiben, ebenfalls sein stadträumliches Prinzip. Das Selbe soll nun mit den ehemaligen Industriehallen, den Baufeldern geschehen. Sie sollen sich öffnen, ihre Innenräume sollen zu Aussenräumen werden. Ihre Nutzung wie ihre Erscheinung wird sich ändern, das vorherrschende räumliche Prinzip soll aber auch hier übernommen werden. Eine Abfolge von klar definierten, mit Bäumen bestückten öffentlichen Aussenräumen soll dem neuen Quartier einen grünen, aber städtischen Charakter verleihen: Stadt statt Agglomeration.

Das neue Saurer Areal wird geprägt durch das nebeneinander von bestehenden und neuen Bauten, dem orthogonalen Muster der Baufelder und den differenzierten öffentlichen Aussenräumen. Eine zentrale, identitätsstiftende Rolle kommt dem geplanten Park zu. Den sehen wir aber weniger als Parkband und schmalen Puffer gegenüber den bestehenden Wohnbauten, sondern als grosszügige Vernetzung zwischen der Stadt und dem neuen Quartier, als ein vielfältig nutzbarer Freiraum. Dabei werden die westlich gelegenen Wohnhäuser, die Florahäuser und die Gebäude an der Schöntalstrasse in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen und auch die neuen Wohnbauten werden Teil des Grünraums. Der Park ist somit nicht nur Zwischenstück, sondern dringt tief in das neue Quartier hinein und bestimmt dessen Atmosphäre, - Wohnen im Park.

Die vorgeschlagenen Gebäude der Baufelder D, F und J sind viergeschossige Hofbauten. Mit ihren Gebäudefluchten und den immer gleichen Höhen bilden sie den Stadtkörper und die historischen Strassenräume nach, ihre Formate nehmen die Dimensionen der benachbarten Industriehallen auf. Die tiefen Höfe öffnen sich zur weitläufigen Grünanlage und lassen die Wohnungen daran teilhaben. Im Wesentlichen bestehen die Gebäude aus aneinander gereihter U-förmiger Hofbauten, welche sich im Baufeld F abwechslungsweise gegen die Giessereistrasse oder Paulin Stoffel-Weg öffnen. Fusswege durchqueren die Höfe und vernetzten die Wohnhäuser miteinander. Sie führen auch zu den Hauszugängen und den Treppenhäusern, an denen drei bis fünf Wohnungen pro Geschoss angeordnet sind.

Die Geschosswohnungen variieren in Grösse, Format und Ausrichtung. Ihre Vielfalt ermöglicht unterschiedlichste Wohn- und Lebensformen. Organisiert sind sie in der Regel um eine belebte Mitte mit einem räumlich differenzierten Wohn-Ess-Bereich, einer zweiseitig orientierten Loggia und der seitlich angeordneten, abtrennbaren Küche. Die Individualräume sind eher peripher angeordnet. Die Wohnungen sind gut besonnt, zwei von drei haben Aussenbezüge in drei verschiedene Himmelsrichtungen. Die Eigentumswohnungen sind von den Mietwohnungen getrennt und durch separate Zugänge und Treppenhäuser erschlossen. Die Ausbildung der Parkgaragen folgt den Empfehlungen der Auslobung. Die Zweigeschossigkeit der Garage auf dem Baufeld F gewährleistet im Gegensatz zu einer eingeschossigen Ausführung optimal die geforderte steife Ausbildung des Tiefgaragenkörpers mit den Gelenkanschlüssen an die Wohngebäude. Darüberhinaus ermöglicht sie eine sehr effiziente und übersichtliche Parkplatzanordnung. Die schlanke Ausbildung der Parkgarage stellt die stimmungsvolle Bepflanzung der Hofräume sicher und lässt sie zum wertvollen integralen Teil des Gesamtparks werden.

Die Fassaden der Neubauten übernehmen Material und Farbigkeit der südlich angrenzenden, bestehenden Industriebauten und betonen so die städtebauliche Einheit. Die stake vertikale Gliederung der Fassaden rhythmisiert den differenzierten Fassadenverlauf. Übereinanderliegende Französische Fenster und hochstrebende Wandscheiben wechseln sich dabei gegenseitig ab. Durchlaufende Deckenstirnen über dem ersten und dritten Obergeschoss gliedern die Fassade und schaffen, verstärkt durch das Hochparterre, einen Gebäudesockel und einen oberen Gebäudeabschluss. Die einfachen, klar gegliederten Fassaden wirken familiär in der industriell geprägten Umgebung.

Das Wohnen in einer Parkanlage ist abgesehen vom Seeufer neu für Arbon. Erst mit der Öffnung und Umwidmung des grossmassstäblichen Saurer Areals sind Voraussetzungen vorhanden, damit ein Park als Grundlage für ein Wohnquartier überhaupt möglich ist. Dieser Park ist in seinem Wesen urban und hat die Fähigkeit, bestehende Strukturen wie die Gebäude des ehemaligen Industriekomplexes und die angrenzenden älteren Quartiere miteinander zu vernetzen. Er ist somit nicht nur das Stück zwischen der Baufelder und der Wohnhäusern im Westen, sondern dringt tief in das neue Saurer Quartier ein und bestimmt dessen Atmosphäre. Er lässt aber auch die bestehenden Häuser entlang der Schöntal- und Landquartstrasse als Teil des Grünraums verstehen. Schlanke, hochgewachsene Bäume (Robinia, Acer, Pinus u.ä.) säumen in unregelmässigen Abständen die Strassen respektive Wege, springen in die Wohnhöfe und sind immer Teil des übergeordneten Parksystems. Bei den zentralen Hofräumen des Baufelds F zeigt sich die Verschränkung von Park und Wohnumfeld exemplarisch: die zentralen Rasencarrés sind sowohl Teil des Parksystems, aber auch gleichzeitig aneigenbare Flächen des Wohnens: Sitzplatz, Liegewiese und Spielort für kleine Kinder. Die Wiesenflächen in Gebäudenähe schaffen Distanz zu den Wohnungen im Hochparterre und sind ebenfalls als Teil der Parkwiesenflächen zu lesen. Das Wegsystem, das teilweise durch die Gebäude führt, ist Ausdruck dieser Durchdringung und Vernetzung. Daran angelagert sind Wohnhöfe, Hauseingänge und im offenen Parkteil Spiel- und Aufenthaltsflächen. Der Park gleicht in seiner Ausgestaltung und Verwendung mehr einer Allmend mit weiten Rasenflächen als einem Stadtpark. In Randbereichen wachsen malerische Parkbäume in reichhaltigen Wiesen und entlang der Wege öffnen sich robuste Rasenflächen zur allgemeinen Aneignung: wie beispielsweise Volleyball, Picknick und Drachen fliegen. In Richtung Stickereistrasse und See lösen baumbestandene, chaussierte Plätze die parkartige Grünstruktur ab und schaffen dadurch den Übergang vom Park zu den grossmassstäblichen Baustrukturen. Der Saurer-Platz nimmt dabei eine zentrale Stellung als Stadtteilpark ein. Der Raum unter Bäumen bieten Erdgeschossnutzungen wie einem Restaurant oder Café atmosphärische Aussensitzplätze. Die Baumreihen mit unterschiedlichen Baumabständen entlang der Franz-Saurer-Passage, Giessereistrasse, dem Pauline Stoffel-Weg, der Textilstrasse sowie der Hamelstrasse sind Bestandteil des gesamten Areals bis zur Stickereistrasse und geben dem Gebiet eine eigene übergeordnete Prägung. Sie vermitteln zwischen Park und neuer Stadt im ehemaligen Areal Saurer.