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Grubenstrasse
Zürich-Binz
Studie, 2011
Modissa AG
Thomas Schregenberger GmbH
Thomas Schregenberger, Andrzej Egli, Corinne Weber, Moritz Gisler, Adrian Zwahlen, Anita Hügin

Résumé

Die hier vorliegende Studie wurde in mehreren Prozess-Schritten erarbeitet, in deren Verlauf verschiedene Positionen auch korrigiert oder ergänzt wurden. Abschliessend können die wichtigsten Erkenntnisse dieser Studie wir folgt festgehalten werden.

Die Binz soll für Wohnnutzungen geöffnet, verdichtet und zu einem lokalen, gemischt genutzten Zentrum ausgebaut werden. Um das zu erreichen muss die Binz
bezüglich ÖV besser erschlossen und an die Innenstadt angebunden werden. Im Weiteren schlägt die Studie folgende Massnahmen zur Entwicklung der Binz vor:

- ein öffentlicher, zentraler Platz zwischen vorderer und hinterer Binz
- öffentliche Liftanlagen zur Vernetzung mit dem Friesenberg
- Klärung und Betonung der speziellen, topographischen Situation
- Erhalt und Stärkung der bestehenden Zeilenbebauung
- bauliche Verdichtung der Binz durch 40 Meter hohe Punktbauten
- öffnen der bestehenden Anlagen zur Förderung der inneren Vernetzungen

Bezugnehmend auf die städtebaulichen Erkenntnisse schlägt die Studie an der Grubenstrasse zwei Gebäude vor; ein längliches, 18 respektive 25 Meter hohes Gewerbe- und Dienstleistungsgebäude und ein 40 Meter hohes punktförmiges Wohngebäude. Die beiden Bauten ergänzen die bestehende Häuserzeile und zeichnen die südliche Grubenkante nach. Die dahinter liegende, keilförmige Grubenböschung wird als Frei- und Grünraum genutzt. Eine öffentliche Liftanlage führt zur ca. 10 Meter höher gelegenen Grubenkante. Trotz hoher Nutzungsdichte integrieren sich die vorgeschlagenen Bauten optimal in die bestehende, städtische Struktur.  
Durch die funktionale Trennung der Bauten in ein Gewerbe- / Bürogebäude und in ein Wohnhaus können Gebäudestrukturen optimiert werden. Das schafft eine höhere bauliche Flexibilität und senkt die Baukosten. Auch ermöglichen die klaren Gebäudestrukturen eine fast freie Etappierung des Bauvorhabens.


Städtebauliche Strategien

Die Binz soll eine Stadt in der Stadt werden, wo das Wohnen und Werken, Essen und Flanieren, Arbeiten und Lieben, Lernen und auch der Müssiggang gleichzeitig stattfinden kann. Ihr Charakter soll noch gestärkt werden; die spezielle Topographie als ehemalige Grube, ihre klare Begrenzung. Sie soll aber auch besser vernetzt werden mit der übrigen Stadt und Zentrumsfunktionen für den ganzen Stadtteil inklusive dem Friesenberg übernehmen. Um das zu erreichen schlagen wir folgende Massnahmen vor:

- Überwinden der Topographie und Brücken schlagen zu den benachbarten
  Stadtteilen.
- Schaffen eines zentralen Platzes zwischen vorderer und hinterer Binz.
- Öffnen der Grundstücke und schaffen von Querverbindungen für eine optimale
  interne Vernetzung.
- Schaffen von Wohnungen am Grubenrand zur besseren Durchmischung.

Zentrale Elemente unseres städtebaulichen Vorschlags sind drei turmartige Gebäude, welche über Fussgängerstege mit dem oberen Grubenrand verbunden sind. Sie sollen den charaktervollen Grüngürtel der Binz nicht nur schützen, sondern erfahrbar und überwindbar machen und damit das aufstrebende Quartier besser vernetzen. Diese etwa 50 Meter hohen Türme sollen zum einen aus einer Lift und Brückenanlage bestehen, aber auch eine grössere Anzahl Wohnungen enthalten. Sie sollen über den neu formulierten, zentralen Platz und die Grubenstrasse miteinander verbunden sein.
Einer dieser turmartigen Gebäude soll auf unser Grundstück an der Grubenstrasse zu stehen kommen und die dortige Verbindung zum Grubenrand formulieren. Es soll aber auch Teil einer neuen Bebauung werden, die auch wiederum  Stadt in der Stadt sein soll. Dort sollen sich Wohnen, Werken und Arbeiten gegenseitig bereichern. Dort sollen Freiräume entstehen für spontane Initiativen, wo Leute zusammenfinden und gemeinsames unternehmen.


Lebensraum Grubenstrasse

Die Aufgabe war gestellt: An der Grubenstrasse sollen sich Wohnen, Werken und Arbeiten gegenseitig bereichern. Dort sollen Freiräume entstehen für spontane Initiativen, wo Leute zusammenfinden und gemeinsames machen.
Gerade diese Freiräume gibt es an der Grubenstrasse schon jetzt und sie scheinen eine wichtige Lebensqualität in der dortigen Arbeitswelt zu sein. Es sind nischenartige, informelle Aussenräume, die spärlich möbliert und zum Arbeiten, für Besprechungen, Mittagessen, Geburtstagsfeiern und Geschäftsaperos verwendet werden. Diese Freiräume sollen erhalten, das heisst ihr Potenzial neu installiet und nun auch für die dort Wohnenenden benutzbar werden. Fünf Orte haben wir skizziert, von denen wir meinen, dass sie bezüglich der angesprochenen Lebensqualität wichtig sind;
Der Dachgarten: Er ist ein geschlossener, teilweise überdeckter Raum mit fensterartigen Öffnungen, einem mit Platten belegten Platz, einer Wiese und einem Pflanzgarten.  
Die Gemeinschaftsterrasse: Zu ihr gehören Gemeinschaftsräume und eine kleine Bar mit Töggelikasten. Diese sind im 7. Geschoss des Hochhauses untergebracht mit Aussicht über grosse Teile der Innenstadt.
Die Erschliessungslauben: Sie dienen primär der Erschliessung von Werkstätten und Büroräumen und sind abwechslungsweise Strasse- wie Hofseitig angebracht. Kleine Nischen ermögliche ein informelles Zusammensein für eine Rauchpause, über Mittag oder auch für Besprechungen.
Die Wiese: Die Wiese ist Teil des Grubenböschung, sie ist zum Spielen und Verweilen, aber auch zum gemeinsamen Essen und Feste feiern gedacht. Sie ist direkt vom Wohnhaus und über Brücken auch vom Büro- und Gewerbegebäude her erschlossen.
Der Werkhof: Der Werkhof ist Arbeits- und Umschlagsplatz für das Gewerbe, aber auch ein Ort zum Skaten oder Basketballspielen. Am Wochenende können dort Feste gefeiert oder ein Flohmarkt organisiert werden.
Das sind die Ort, wo auch die Protagonisten unserer Geschichten zu Hausen sind; Anna und ihre Eltern, Lukas, Freddy von der Motorradwerkstatt, Giulia und Giulias Boss, der Möbelschreiner, Ozman und Leander aber auch Max, sein Vater und seine Freundin Naomi.


Gebäude - Freiraum /  Struktur - Flexibilität


Im Wesentlichen besteht unser Projektvorschlag aus zwei Gebäuden, einem 40 Meter hohen Wohnhochhaus und einem der Grubenstrasse folgenden Gewerbe- und Bürobau von 18, respektive 25 Metern. Zusammen formulieren sie auf der keilförmigen Parzelle einen Aussen- oder Hofraum, der als Werkhof, oder leicht erhöht, als Spielwiese genutzt werden kann. Die städtebauliche Setzung folgt der heutigen Bebauungsstruktur und betont die von der Grubenstrasse nachgezeichnete, ehemalige Grubenkante. Das ca. 15 Meter höhere Wohnhaus ordnet sich zwar dieser Geometrie unter, schafft aber mit seinen etwas grösseren Dimensionen einen lokalen Schwerpunkt im Gefüge der Binz. Die ehemalige Grubenböschung bleibt als topographisches Element ablesbar und wird als Freiraum intensiv genutzt.
Das neue Gewerbe und Dienstleistungsgebäude hat eine einfache, flexible Gebäudestruktur, die für Werkstätte wie Büros geeignet ist. Ein konsequent angewandtes Konstruktions- und Gebäuderaster sorgt für eine optimale Flexibilität.
In den unteren Geschossen ermöglicht eine Gebäudetiefe von über 30 Meter den Einbau von grösseren Produktionsstätten oder eines Grossverteilers. Das Gebäude ist ausschliesslich von der Grubenstrasse aus erschlossen, ist aber im Hofbereich über Treppen und Stege mit dem Grünraum verbunden. Im etwas höheren, vom Gewerbebau losgelösten Wohngebäude sind in der Regel pro Geschoss vier über Eck angeordnete Wohnungen untergebracht. Die Beiden unteren Geschosse beherbergen ein Restaurant und die öffentliche Liftanlage zum benachbarten Quartier.
Die Gesamtanlage ist in mehreren Etappen realisierbar. Mit dem Bau begonnen werden kann sowohl am östlichen wie auch am westlichen Ende der Liegenschaft. Auch bei einem Erhalt des identitätsstiftenden Restaurants G27 können über 70% des Neubauprojekts realisiert werden.


Nachlese


Je länger wir uns mit dem Quartier beschäftigen, desto klarer wird uns, dass in Zukunft die Binz im Gefüge der Stadt Zürich die Funktion eines lokalen Zentrums zu übernehmen hat. Das hat zum einen mit ihrer Lage am südlichen Rande der Innenstadt zu tun, aber auch mit ihrer städtischen Bebauungsstruktur. Die Gefahr aber, dass die Binz mittelfristig zu einer reinen Bürostadt wird ist gross, und dass kann niemand wirklich wollen. Deswegen schlagen wir vor, die Binz zu verdichten und sie auch generell für Wohnnutzungen zu öffnen. Ziel müsste es sein,  einen Wohnanteil von ca. 35% zu erreichen.
Wie die Binz verdichtet werden könnte zeigt das hier vorgestellte Projekt. Zum einen, müssten die bestehenden Gebäudezeilen auf partiell bis zu 25 Metern Höhe aufgestockt werden, und das wurde ja in den letzten Jahren auch schon gemacht. Zum anderen aber könnten 40 Meter hohe, in die bestehende Zeilenstruktur integrierte Punktbauten zur weiteren Verdichtung beitragen. Welche bauliche Dichte die Binz braucht, müsste in weiteren Studien geklärt werden. Die hier gezeigten Varianten geben einen ersten Eindruck vom Potenzial dieser Massnahme.